Internetrecht – Angebot auf ebay und vorzeitige Beendigung bei Diebstahl (BGH, Urt. v. 08.06.2011 – VIII ZR 305/10)

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied vor kurzem, welche Konsequenzen es hat, wenn ein Verkäufer auf ebay seine Auktion vorzeitig beendet, weil ihm der zu verkaufende Gegenstand durch Diebstahl abhanden gekommen ist.

 

Der Beklagte hatte auf dem Auktionsportal ebay eine Digitalkamera für sieben Tage eingestellt, die laut Angaben des Verkäufers einen angeblichen Verkehrswert von über EUR 1.000,00 haben sollte. Am Tag nach dem Beginn der Auktion beendete der Beklagte die Auktion vorzeitig. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt mit EUR 70,00 der Höchstbietende. Der Kläger verlangte von dem Beklagten Schadenersatz in Höhe der Differenz zwischen seinem letzten Gebot und dem angeblichen Verkehrswert, also EUR 1.142, 96.

 

In § 10 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay in der für die vorliegende Auktion maßgeblichen Fassung heißt es unter anderem:

 

„Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.“

 

Ergänzend wird in den auf der Website von eBay zugänglichen Hinweisen zum Auktionsablauf als Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung unter anderem der Verlust des angebotenen Artikels genannt.

 

Das Amtsgericht und das Landgericht haben die Klage und Berufung abgewiesen. Der BGH hat die Revision ebenfalls zurückgewiesen. Die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht. In der Pressemitteilung des BGH heißt es aber (Zitat):

 

„Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Berechtigung zur Angebotsrücknahme nach § 10 Abs. 1 Satz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay auch im Fall eines Diebstahls des angebotenen Artikels besteht. Die in dieser Bestimmung enthaltene Bezugnahme auf eine „gesetzliche“ Berechtigung zur Angebotsbeendigung ist nicht im Sinne einer Verweisung nur auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung von Willenserklärungen zu verstehen. Denn in den allen Auktionsteilnehmern zugänglichen Hinweisen zum Auktionsablauf wird auch der Verlust des Verkaufsgegenstandes als rechtfertigender Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung genannt. Darunter fällt auch der Diebstahl. Hierdurch ist für alle Auktionsteilnehmer ersichtlich, dass der Verkäufer nach den für die Auktion maßgeblichen „Spielregeln“ berechtigt ist, auch im Falle des Abhandenkommens durch Diebstahl sein Angebot vorzeitig zu beenden.“

 

Anmerkung: Auch wenn die Entscheidung zunächst für einigen Wirbel gesorgt hat, dürfte es sich letztlich aber auch nur um eine konsequente Anwendung der Bestimmung § 10 Abs. 1 Satz 5 der AGB von ebay handeln, die wiederum nur festschreibt, was bei einer Unmöglichkeit durch unverschuldeten Verlust von angebotener Ware vom Bürgerlichen Gesetzbuch ohnehin vorgesehen ist. Je nachdem, ob man bereits einen Vertragschluss mit ursprünglicher Leistungsfähigkeit annehmen will (§§ 275, 283 BGB) oder von einer Unmöglichkeit der Leistungspflicht bereits bei Vertragsschluss ausgeht (§ 311a BGB) – in jedem Falle würde eine Schadenersatzpflicht voraussetzen, dass die Unmöglichkeit vom Verkäufer zu vertreten ist. Dies ist aber immer Frage des Einzelfalls. Darüber hinaus dürften auch hohe Anforderungen an den Beweis des tatsächlichen Verlustes der Sache zu stellen sein. Der Begründung der Entscheidung des BGH wird jedenfalls mit Spannung entgegen gesehen.

 

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael