Internetrecht/ Filesharing – Auch „lediglich“ streaming von kino.to rechtswidrig (AG Leipzig – Pressemitteilung GVU vom 22.12.2011)

 

Wie einer Pressemitteilung der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) vom 22.12.2011 zu entnehmen war, sieht ein Richter des Amtsgerichts (AG) Leipzig nicht nur die Betreiber des Internetportals „kino.to“ als Verletzer von Urheberrechten an, sondern auch diejenigen, die sich die Filme dort angeschaut haben.

Der am AG Leipzig zuständige Richter Winderlich verurteilte ein Mitglied der ‚“Kerngruppe“ der Betreiber der Seite kino.to, über die illegal zur Verfügung gestellte Filme angesehen werden konnten, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 5 Monaten. Dem 47-Jährigen sei bewusst gewesen, dass die Möglichkeit, die dort hinterlegten Filme anzuschauen, nur durch Verletzung von Urheberrechten Dritter erfolgen könne. Interessanter Nebenaspekt ist, dass der Verurteilte, der für die technische Betreuung zuständig war, auch selbst einen Filehoster betrieb, auf dem über 10.754 unterschiedliche Filmtitel gespeichert waren. Durch Werbung und insbesondere Abofallen auf diesem Filehoster erwirtschaftete sich der Angeklagte seine Einkünfte von mehreren hunderttausend Euro jährlich.

Gleichzeitig mit der Verurteilung des Betreibers des Portals führte der Richter Winderlich aus, dass auch die Nutzer mit dem Anschauen der Filme eine Urheberrechtsverletzung begehen. Bereits mit dem zeitweiligen Herunterladen von Datenpaketen, die einzelne Filmabschnitte enthielten, finde eine sukzessive Vervielfältigung (Kopie) statt, selbst wenn diese Datenpakete nach dem Anschauen automatisch wieder gelöscht würden. Jedem Nutzer eines solchen Streaming-Portals müsse auch bewusst gewesen sein, dass über dieses Portal nicht legal eine Filmvorführung angeboten werden könne, wenn der angebotene Film noch nicht auf dem freien Markt erhältlich sei.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael

 

Anmerkung: Ob sich diese Rechtsauffassung eines einzelnen Amtsgerichts zur Verantwortlichkeit von Nutzern eines Portals durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Ebenso offen ist die Frage nach den Konsequenzen, zumindest für den Bereich „kino.to“. Das Portal kino.to war keine dezentrale Tauschbörse, in der sich die jeweils Beteiligten über die IP-Adresse (quasi die Anschrift des Computers) identifizieren können, was dort dazu genutzt wird, den jeweiligen Anbieter schnell zu ermitteln und über einen gerichtlichen Beschluss dessen (reale) Adresse vom Provider herauszuverlangen. Bei kino.to ist sehr fraglich, ob über Protokolle dessen Server noch die IP-Adressen vorhanden sind.

Aber selbst wenn, müssten die IP-Adressen dann auch noch bei den Providern hinterlegt sein. Bekanntlich bleiben IP-Adressen nicht starr vergeben, sondern ändern sich nach jeder Trennung vom Netz und einer erneuten Einwahl. Daher wäre nur bei einer unzulässig langen Speicherdauer (nach dem Ende der Vorratsdatenspeicherung sah das OLG Frankfurt mit Urt. v. 16.06.2010 – Az.: 13 U 105/07 eine Woche als noch ausreichend kurz an) noch ermittelbar, welcher Nutzer wann auf kino.to einen Film geschaut hat.