Wettbewerbsrecht/ Kartellrecht – Geldbuße gegen Deutsche Telekom wegen Missbrauchs marktbeherrschender Stellung (EuGH, 14.10.2010 – C-280/08 P)

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Verhängung einer Geldbuße gegen die Deutsche Telekom in Höhe von 12,6 Mio. Euro durch die Kommission zulässig gewesen sei.

Bis zur vollständigen Liberalisierung der Telekommunikationsbranche in Deutschland am 1. August 1996 besaß die Deutsche Telekom ein gesetzliches Monopol an der Bereitstellung von Telefondienstleistungen. Durch die Liberalisierung dazu verpflichtet, die eigenen Netze auch Mitbewerbern zugänglich zu machen, damit diese ihre Telekommunikationsdienstleistungen anbieten konnten, erhob die Deutsche Telekom im Gegenzug ein erhöhtes Entgelt für den Zugang zum Netz.

Hiergegen erhoben mehrere Mitbewerber Beschwerde bei der Europäischen Kommission, die im Jahre 2003 das streitige Bußgeld verhängte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Deutsche Telekom den Mitbewerbern Entgelte in Rechnung stelle, die sie nicht einmal von ihren eigenen Endkunden verlange. Die Mitbewerber könnten durch diese Preise nicht in einen uneingeschränkten Wettbewerb treten. Die Deutsche Telekom verteidigte sich unter anderem damit, dass sie durch die Einrichtung des Netzes erst die Voraussetzungen für die Telekommunikationsdienstleitungen geschaffen habe und daher berechtigt sei, ein erhöhtes Entgelt zu verlangen. Darüber hinaus erheb die nationale Regulierungsbehörde Vorabnahmeentgelte, die die Telekom weiterreichen müsse. Die Deutsche Telekom klagte auf Aufhebung des Bußgeldes, hilfsweise Herabsetzung desselben.

Das Gericht erster Instanz (EuG) und nun auch der EuGH sahen das Bußgeld als gerechtfertigt an. Die Vorabnahmeentgelte müsse die Deutsche Telekom in ihre Marge ohnehin einkalkulieren. Die erhöhten Zugangsentgelte jedenfalls schädigen den Verbraucher, da er von einem Mitbewerber keinen wettbewerbsgleichen Preis für Telekommunikationsdienstleistungen angeboten bekomme bzw. ein solcher Mitbewerber durch diese Preispolitik vom Markt verdrängt werde.

Geprüft wurde hierzu das Kriterium des „ebenso effizienten Mitbewerbers“. Der EuGH prüfte damit, ob ein (hypothetisch) ebenso effizienter Mitbewerber wie die Deutsche Telekom durch das Marktverhalten vom Markt verdrängt werden könne. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass ein ebenso effizienter Mitbewerber am Markt mit der Deutschen Telekom nicht konkurrieren könne, da er durch die erhöhten Zugangsentgelte Verluste machen würde. Es war damit auch eine wettbewerbswidrige Wirkung gegeben.

Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael