Filesharing: Oberlandesgericht Köln gesteht dem Anschlussinhaber ein Beschwerderecht im Auskunftsverfahren nach § 101 Abs.9 UrhG zu (OLG Köln, 05.10.2010 – Az.6 W 82/10)
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschied, dass der Inhaber eines Telefon-/ Internetanschlusses auch ein nachträgliches Beschwerderecht gegen die Auskunfterteilung des Providers über Verkehrsdaten bei der Internetnutzung hat (IP – Adresse etc.). Das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung würden dies bedingen.
Im vorliegenden Rechtsstreit hatte ein Rechteinhaber festgestellt, dass ein von ihm vertriebenes Musikalbum in einer Internettauschbörse angeboten wurde, so genanntes Filesharing. Bei dem Landgericht Köln, bei dem massenhaft Auskunftverfahren über die Verkehrsdaten der Internetnutzung geführt werden, hatte den Internetprovider dazu verpflichtet, dem Rechteinhaber die Anschrift des zur IP – Adresse gehörenden Nutzers herauszugeben, § 101 Abs.9 UrhG. Nachdem der Provider die Auskunft erteilt hatte, verlangte der Rechteinhaber vom Verletzer die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Schadensersatz und Ersatz der Rechtsanwaltskosten. Der Anschlussinhaber richtete sich darauf hin mit seiner Beschwerde gegen die Herausgabe seiner Daten, da er hiervon zuvor nicht in Kenntnis gesetzt worden sei.
Das OLG sah ein nachträgliches Beschwerderecht des Anschlussinhabers aufgrund von § 62 Abs.2 Nr.1 FamFG gegeben. Aufgrund der Schwere des Grundrechtseingriffs sei auch noch ein Beschwerderecht anzunehmen, wenn die Auskunft bereits erteilt worden sei. Allerdings könne der Anschlussinhaber die Beschwerde nur gegen Gründe der Auskunfterteilung selbst richten, wie etwa eine fehlende Rechtsinhaberschaft, fehlendes gewerbliches Ausmaß des Angebots. Andere Einwendungen, wie etwa die Zuordnung einer falschen IP – Adresse oder die Fremdnutzung eines W-LANs könnten in dem Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden. Dies müsse ggf. in einem gesonderten Prozess geklärt werden, etwa wenn nach einer Abmahnung eine Einigung nicht erzielt werden konnte.
Im Ergebnis sah das OLG hier ein fehlendes gewerbliches Ausmaß der Urheberrechtsverletzung und damit die Beschwerde als begründet an. Das Anbieten eines ca. 1 ½ Jahre alten Musikalbums sei keine so schwer wiegende Rechtsverletzung, dass hiernach das objektiv zu bestimmende gewerbliche Ausmaß erreicht worden sei.
Das Gericht hat aufgrund der besonderen Bedeutung der Sache gemäß § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG die Beschwerde gegen die Entscheidung zugelassen, …weil eine höchstrichterliche Klärung der in diesem Beschluss erörterten Fragen noch aussteht, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung aber geboten erscheint.
Anmerkung: Eine sehr interessante Entscheidung, da neben der Bejahung des Beschwerderechts auch Ausführungen gemacht werden, die im Rahmen der Deckelung von Anwaltskosten im Rahmen des §97a Abs.2 UrhG von Bedeutung sind.
Autor: Rechtsanwalt Tobias Michael